Castaway
Isla del coco
Keiner wollte mit. Also bin ich allein losgezogen. Ok. Die Anreise aus Deutschland ist eine Zumutung. 12 Stunden mit dem Flieger. 3 Stunden mit dem Bus. Knapp 2 Tage mit dem Schiff. Und am Ende landet man mitten im Pazifik, mitten in der Regenzeit. Aber das ist egal. Denn bei DIESEM Abenteuer wirst du sowieso nass.
Unser Zuhause ist die „Sea Hunter“, ein Boot von Tauchern für Taucher. In der Anmutung wie ein Forschungsschiff. Weiß getünchte Decks aus schwerem Eisen, Vorrichtungen für technisches Equipment, Halterungen für 12 und 15 Liter Tauchtanks. Zwei große Kräne am Heck welche die beiden Beiboote tragen. Eine Crew, die schon viele Wetter erlebt hat auf ihren jeweils zehntägigen Trips mit abenteuerhungrigen Gästen wie uns. In Mittelamerika ist gerade Regenzeit. Der Himmel wiegt schwer, die kilometerhohe Wolkenwand präsentiert sich in sattem Grau. Die immergrünen Berge im Inland verschwinden hinter dichtem Nebel. Puntarenas wirkt an diesem Sonntag wie ausgestorben. Viele Costa Ricaner sind mit ihren Familien an die Strände gefahren, Wetter hin oder her. Das Pier unseres Schiffes liegt zwischen verrosteten Wellblechhütten, notdürftig zusammen gehalten, auf löchrige Betonplatten gepflanzt. Nur wenige Meter entfernt treibt ein 3 Meter langer Alligator träge in der braunen Brühe und hofft auf einen unaufmerksamen Pelikan. Ich hätte diesen Brocken gar nicht entdeckt, hätte mich Wilson, unser kolumbianischer Dive Guide, nicht darauf aufmerksam gemacht. Seine Tarnung ist auf perfide Weise perfekt. An der Wasseroberfläche hat er die Farbe und Form einer morschen Holzplanke. Und er bewegt sich auch so, nämlich gar nicht. Er lässt sich treiben mit den Wellen die geräuschlos an das sandige Ufer schwappen. Mir gefällt dieser Trip. Wir haben noch nicht mal abgelegt und bereits den ersten großen Jäger vor der Nase. Leider will er nicht auf’s Foto. Als ich die Kamera aus der Kabine hole, zieht er sich zurück.
Der Himmel wird dunkler, der Captain beschließt ab zu legen. Nach 17 Uhr geht das Wasser zurück und wir müssten am Pier übernachten. Keine Option, also nix wie weg. „Leinen los“, sagt man ja immer, wobei das so bescheuert altmodisch klingt wie das Klatschen von Flugzeugpassagieren nach der Landung in der Dominikanischen Republik. Bevor wir die Meerzunge verlassen, den offenen Pazifik erreichen und die See unruhig wird, checken wir das Equipment und bringen es an den fixierten Tanks an. Jeder macht das für sich. An seinem zugewiesenen Platz. Ruhig und konzentriert. Wie Soldaten. Wenn was fehlt oder eine Schraube locker sitzt kommt Lolu, der MacGyver unserer Crew, und hilft. Ich entscheide mich für mehr Luft und damit die 15 Liter Variante. Ich tauche mit großer Kamera und werde mehr Kraft unter Wasser aufbringen müssen um voran zu kommen. Heißt: ich atme schwerer und damit mehr als die ohne Kamera. Nichts ist frustrierender (und gefährlicher) als nach 30 Minuten wegen Luftmangels an die Oberfläche zu müssen während alle anderen unter mir auf Tuchfühlung mit einer Schule Hammerhaie gehen.
Die Sea Hunter kämpft sich mit 9 Knoten wie ein sanfter Riese auf den größten Ozean unseres Planeten hinaus. Die Luft ist nass und schwer und salzig. Das satte Grau ist einem tiefen Dunkelblau gewichen. Die wie an einer Perlenkette aufgereihten Lichter von Puntarenas verschwinden am Horizont. Die kleinen Deckenstrahler an Deck bringen die Gischt der Bugwelle zum Leuchten. Alles darüber hinaus verschwindet in unergründlicher Finsternis.
Die Schiffsglocke bimmelt. Wilson, der Kolumbianer, ruft zum Briefing. Er ist ein Mensch den andere Menschen sofort ins Herz schließen. Sein Lachen ist ehrlich und laut und gezeichnet vom Glück tausender Momente an Orten, die voller Anmut und Leben waren. Seine Haut erzählt Geschichten von Wind und Wetter, seine Stimme von unzähligen Marlboros. Wie ein Cäsar steht er im Schiffssalon und erklärt uns die Regeln. Eigentlich kennt sie jeder, denn auf einen Trip wie diesen verirren sich keine Anfänger. Trotzdem macht er uns wieder und wieder klar, wie wichtig es sei, immer eine Hand am Boot zu haben. Die See sei rau in diesen Breitengraden. Wenn jemand über Bord ginge, solle man zuerst den Rettungsring ins Wasser werfen und erst danach dem Captain Bescheid geben. Und überhaupt: das aller allerwichtigste auf dieser Reise sei, IHN glücklich zu machen. Und glücklich sei er erst wenn wir es auch seien.
Das Abendessen schmeckt hervorragend. Die Pille gegen Seekrankheit nicht. Muss aber sein. Selbst die Segler unter uns werfen eine ein. Diese Reise kann sonst zum Alptraum werden. Denn wenn man mal kotzt, kotzt man. Und hört im schlechtesten Fall zwei Tage lang nicht mehr damit auf. Also rein damit und schnell in die Kiste. Das Zeug macht bescheuert und müde.
Ein Boot, welches von röhrenden Dieselmotoren in den offenen Pazifik getrieben wird, ist nicht mein Ding wenn es um erholsamen Schlaf geht. Ich kann schon im Flugzeug nicht pennen aber hier kommt neben dem Stampfen der Maschinen und dem Auf und Ab der Wellen noch die Vorfreude auf dieses weit entfernte Juwel im blauen Nirgendwo hinzu. Schon mal morgens um 3 aufgestanden um an Deck zu gehen? Man ist alleine aber alles an Bord ist hell erleuchtet. Auch nachts. Das grelle Weißlicht der Bootslampen verliert sich schon wenige Meter jenseits der Reling. Da beginnt die andere Welt. Tiefschwarzes Nichts. Vor mir. Hinter mir. Neben mir. Und vor allem unter mir. Ich stelle mir vor, wie es wohl wäre, hier von Bord zu gehen. In die Fluten zu springen und zu warten bis das Schiff hinter den Wellenbergen verschwunden ist. Der einsamste und stillste Ort der Welt. Hier hört Dich keiner schreien. Der einzige wache Mann ist der Kapitän, und der sitzt ganz vorne, ganz oben und steuert das Schiff. Wer also ganz bei sich sein und bei vollem Bewusstsein abtreten möchte ist hier genau richtig. Ich lass es lieber bleiben, Philip würde mir den Arsch aufreißen. Und der Rückflug ist auch schon bezahlt. Also zurück in die Kabine um noch ein paar Stunden Schlaf auf die Uhr zu packen.
Bettflucht um 5:30 Uhr. Das erste Licht des Tages schimmert durch die kleinen Vorhänge des Bullauges. An wieder hinlegen ist nicht zu denken, also aufstehen und einen Gesprächspartner suchen. Hurra, Wilson, der Kolumbianer ist auch schon wach. Beziehungsweise NOCH wach. Er hatte Schicht am Steuer des Schiffes. Nachts wechseln die Jungs sich ab. Jeder muss mal 2 bis 3 Stunden. Er liebt die Ozeane, er liebt die Haie, deshalb arbeitet er seit vielen Jahren als Tauchführer auf den Schiffen der Undersea Hunter Gruppe. Ich frage ihn ob die Regierung von Costa Rica dem Abschlachten der Haie etwas entgegen zu setzen habe. Er sagt, es gäbe Regeln, man weite die Schutzzonen aus, aber die Bestrafung bei Missachtung sei zu lasch und die Gier nach einer Rendite, wie man sie sonst nur im Drogenhandel finde, zu groß. Haifischflosse ist in Asien eine Delikatesse, die in besseren Restaurants für sündhafte Preise angeboten wird. Die Flosse wird in eine Suppe eingekocht und soll die Potenz steigern. Ist natürlich totaler Blödsinn. Schmecken tut das Zeug nach nichts. Giftig ist es obendrein da große Jäger durch die Verschmutzung der Weltmeere Quecksilber über die Nahrung aufnehmen. Den Chinesen ist das egal. Wer es sich leisten kann, haut rein. Das Leid der Tiere spielt bei luxuriösen Abendessen keine Rolle. Und dieses Leid ist grenzenlos. Die Fischer ziehen die Haie aus dem Wasser, schneiden ihnen bei lebendigem Leib die Flossen ab und werfen sie zurück ins Meer. Da ein Hai schwimmen muss um zu überleben, ohne seine Flossen aber manövrierunfähig ist, sinkt er auf dem Meeresboden, schnappt nach Luft und erstickt qualvoll. Dieser Todeskampf dauert im schlimmsten Fall viele Stunden und trifft jährlich etwa 100 Millionen Haie. Status Quo: das Ende der Nahrungskette ist zu 90 Prozent ausgerottet und kein Mensch weiß, welche Kettenreaktionen dieser Umstand im wichtigsten und größten aller weltweiten Ökosysteme, dem Ursprung allen Lebens, auslösen wird. Sicher ist nur: Es wird Folgen haben. Und wir sind dafür verantwortlich.
"Die Fischer ziehen die Haie aus dem Wasser, schneiden ihnen bei lebendigem Leib die Flossen ab und werfen sie zurück ins Meer"
Ihr merkt schon, mir schwillt bei dem Thema der Kamm. Aber Wilson explodiert regelrecht. Ich frage ihn wie sein Heimatland Kolumbien mit dem Problem des Überfischens und des Shark-Finnings umgehe. Er grinst mich an und sagt: „Die Armee pustet die Arschlöcher aus dem Wasser“. Ich übersetze das mal. Kolumbien hat eine Armee, die Costa Rica nicht mehr hat. Wurde schon vor Jahren abgeschafft. An sich eine gute Sache aber um die illegale Fischerei in den Griff zu bekommen, reichen ein paar Patrouillenboote in den riesigen Hoheitsgewässern dieses Landes nicht aus. Australien und die USA macht das übrigens ganz ähnlich. Die schicken Soldaten mit weitreichenden Befugnissen auf’s Wasser. Wer das Verbot und entsprechende Warnungen ignoriert, findet sein Schiff mitsamt der Beute auf dem Meeresgrund wieder. Ich persönlich bin zwar Pazifist, halte dieses Vorgehen aber für richtig. Anders geht’s offenbar nicht. Außer der Asiate ändert seine Essgewohnheiten. Und das ist äußerst unwahrscheinlich. Der Eigentümer der Undersea Hunter Group wird mir am Ende der Reise im Pier erzählen, dass sein Team trotz der Schutzzone um die Insel herum immer wieder herrenlose Long Lines und Geisternetze in der Nähe der Tauchgründe findet. Meist mit unzähligen Fischen an den Haken. Was noch lebt, wird von den Tauchern befreit. Thunfische und Haie können auch mit einem Stachel im Maul schwimmen und fressen. Oft aber ist es schon zu spät. Die Tiere treiben tot im Wasser. Ich werde ihn fragen, woher diese kilometerlangen, todbringenden Angelleinen kämen, wo doch in einem 12 Meilen Radius um die Insel herum nicht mehr gefischt werden dürfe. Er wird mir erklären, dass die Boote oft nachts kämen. Falls die Fischer von einer Patrouille aufgespürt würden, kappen sie die Leinen einfach vom Boot und lassen den sterbenden Fisch an der Leine durch den Ozean treiben. Wilson fragt mich, wie meine Landsleute zu diesem Thema stünden. Ich sage ihm, dass die meisten Menschen in Deutschland keine Ahnung hätten, einige meiner Freunde aber Bescheid wüssten und der ein oder andere ein bisschen Geld an Organisationen wie „Sea Shepherd“ gespendet habe. Logisch, jeder, der ein Video von gefinnten, nach Luft schnappenden Haien sieht, wendet sich entsetzt ab und schimpft auf die Chinesen. Aber dürfen wir, die Spanferkel und Kalbsschnitzel essen, uns erlauben zu urteilen? Mir fällt nur noch dieser Satz dazu ein: die größte Naturkatastrophe sind weder Vulkane, noch Erdbeben noch Tsunamis, sondern wir. Die Menschen.
Noch 3 Stunden bis Mitternacht. Noch etwa 70 Seemeilen bis zum Ziel unserer Reise. Das Abendessen war üppig, der Magen hat ordentlich zu tun. Die Müdigkeit begrüßt mich wie ein guter Freund mit einer Einladung in die Kajüte. Ich werde gleich schlafen gehen, aber vorher werde ich das tun was nur an Orten wie diesem möglich ist. Das reine Sternenlicht sehen. Ein Sternenhimmel ohne das grelle und hässliche Gegenlicht der Zivilisation. Straßenlaternen, Bremslichter, Wohnzimmer, Leuchtreklame. Wenn all das nicht mehr da ist. Inmitten einer unendlich großen Wüste. Oder auf einem Boot fast vierhundert Kilometer jenseits der nächsten Küste. Dann siehst Du das pure, unverfälschte Antlitz des Universums, so, dass es dir den Atem verschlägt. Mit Romantik hat das nichts zu tun. Das ist reine Demut. Und die ist ein Genuss. Sie macht Dein Leben einfach. Sie reduziert es auf das Hier und Jetzt. Ich nenne das Glück.
Glück ist auf dieser Reise offenbar unbegrenzt verfügbar. Glück ist auch, dass ich kurz vor der Morgendämmerung aufwache und mich leise aus der Kajüte stehle um zu sehen, ob wir schon da sind. Sind wir. Die Schatten der Insel ragen wie Erinnerungen an ein Land vor unserer Zeit aus dem Wasser. Schemenhaft zeichnet sich ein dichter Dschungel ab. Große Vögel ziehen zu hunderten ihre Kreise über das Blätterdach. Das Plätschern eines Wasserfalls, welcher direkt in den Pazifik mündet, ist ein Hinweis auf den Quell des Lebens dieser Insel. Später erfahren wir von der Besatzung dass es 150 Wasserfälle auf der Isla del Cocos gibt und das es der regenreichste Ort von ganz Costa Rica ist. Wir werden die Insel im Laufe der Woche erkunden. Aber jetzt – wo die Sonne aufgeht und dieses immergrüne Juwel in allen Farben erwacht – wollen wir endlich den größten Schatz dieses Ortes kennen lernen. Die Welt unter der Wasseroberfläche und seine Bewohner. Vor allem die Todgeweihten. Die Haie, die es fast nirgendwo auf der Welt noch gibt. Zumindest nicht in solchen Schulen. Ich werde euch jetzt nicht mit endlosen Tauchberichten langweilen. Ich will Euch einfach nur sagen, dass sie da waren. Und dass sie wunderschön sind. Wenn eine Familie Hammerhaie im Gleichklang ihre kräftigen Leiber gegen die Strömung treibt, ist das eine Symphonie. Wenn eine Gruppe Stachelrochen zum Paarungstanz bittet und ihre weichen Flügel in Wellen durch das tiefe Blau in knapp 40 Metern Tiefe treiben, uns als Gäste in ihrer Mitte willkommen heißen, bleibt die Zeit stehen. Wenn man sich ganz ruhig verhält, sind sie dir so nahe, dass es immer wieder zu Berührungen kommt. Meist nur kurz, sanft und zufällig. Nur ein von der Lust getriebenes Rochenmännchen rempelt auf dem Weg in die Liebeshöhle unter uns mit Schmackes mein Kameraobjektiv an, dreht aber nach diesem kleinen Malheur sofort pikiert zur Seite weg. Das Einzige, was man als Gast in ihrer Welt tunlichst vermeiden sollte, ist auf sie zu treten. Dann fahren sie ihren Stachel aus. Und der ist groß genug um dich ernsthaft zu verletzen. Aber alles geht gut. Und das Erlebnis mit diesen wundervollen Geschöpfen zu schwimmen, wird mir niemand mehr nehmen.
"Das Ende des Schwarms verschwindet im tiefen Blau – wie eine dichte Wolke die sich langsam auflöst"
Einen Tauchgang später kommt es zu einem weiteren one moment in time. Wir finden uns unmittelbar nach dem Sprung ins Wasser inmitten tausender Stachelmakrelen wieder. Ein Schwarm, der kein Ende zu nehmen scheint. In welche Richtung man auch kuckt: Fisch. So dicht gedrängt, dass von oben kein Sonnenlicht mehr durchkommt. Die Makrelen scheinen in uns keine Fressfeinde zu sehen. Sie lassen uns zu. 5 Taucher werden Teil eines großen Ganzen. Hätten wir ihre stromlinienförmigen Körper und ihre Fähigkeiten, kämen wir wohl irgendwie mit. Da wir aber mit der schweren Ausrüstung auf dem Rücken kämpfen und die Infanterie offensichtlich auf Futtersuche ist, dauert es nicht lange und wir hecheln hinterher. Das Ende des Schwarms verschwindet im tiefen Blau – wie eine dichte Wolke die sich langsam auflöst. Es gab viele solcher Begegnungen. Wunderbar auch die 60 Sekunden, die uns eine Schildkröte gewährt. Wir dürfen ihr so nahe kommen, dass sich Blicke treffen. Schildkröten glotzen einen regelrecht an. Gutmütig. Und doch irgendwie arrogant. Alter vor Schönheit vielleicht. Denn diese Kandidatin hat garantiert mehr Jahre auf dem Buckel als ich, dafür aber auch deutlich mehr Falten im Gesicht Der letzte Tauchgang dieser Reise lässt uns ein weiteres Mal jubeln. 4 kreisende Tigerhaie in knapp 30 Metern Tiefe. Wow, die sind selten! Und verdammt groß. Dieses Tier steht neben dem Großen Weißen an der Spitze der Nahrungskette. Wir haben in diesem Augenblick das Vergnügen das Interesse eines gut und gerne viereinhalb Meter langen Weibchens zu wecken. Man muss wissen, Tigerhaie sind weniger scheu als Hammer- oder Riffhaie. Sie wissen vermutlich, das sie uns überlegen sind, haben eine ungebremste Neugier, bespitzeln Unbekanntes ausgiebig, sehen uns aber dennoch nicht als Futter an. Sonst hätte ich diese Zeilen nicht mehr zu Papier bringen können. Denn diese eine Lady geht auf Tuchfühlung. Was bei einem Hai so viel heißt wie: ich komme mal auf ein, zwei Meter zu Dir rüber. Mein lieber Herr Gesangsverein… Wenn ein solcher Fisch auf dich zu schwimmt, ist das wie ein Reisebus auf Kollisionskurs. Allerdings mit einer schier grenzenlosen Gelassenheit. Der Tigerhai hat alle Zeit der Welt und beschließt nach 5 langen Minuten weiterzuziehen. Es sind ja noch einige Artgenossen im Wasser. Und möglicherweise findet sich eine Gelegenheit zur Paarung. Wir müssen hoch. Unsere Tanks sind alle.
Die Isla del Coco schenkt einem nicht nur hunderte, unbezahlbare Augenblicke. Sie sagt auch laut und deutlich: „Ich bin eine der letzten meiner Art“. Fakt ist: nicht einmal 5 Prozent der Gesamtfläche all unserer Meere stehen unter Schutz. Das mit Abstand größte und wichtigste aller Ökosystem unseres Planeten, der Ursprung allen Lebens, wird seit Jahrzehnten systematisch niedergerungen, ausgerottet, vergiftet. Die Menschen führen Krieg gegen den Fisch. Die großen Trawler arbeiten inzwischen mit militärischer High Tech um die Tiere in immer tieferen Tiefen auf zu spüren. Dabei wird nur ein kleiner Teil wirklich gegessen. Für ein Pfund Schrimps landen 12 (!!!) Kilo Beifang tot im Meer. Schildkröten, Delfine, Wale, Haie oder Schwarmfisch, der als nicht verkäuflich gilt. Die Statistiken sind erschreckend, die Folgen nicht absehbar. Nur eins ist sicher: wenn diese Welt stirbt, sterben wir mit ihr. Die Zusammenhänge sind komplex, aber erwiesen. Gegen das, was passiert wenn das Ökosystem der Weltmeere kippt, ist die Atomkatastrophe von Fukushima ein Witz. Der amerikanische Journalist und Autor Jonathan Safran Foer hat einmal gesagt: Wenn Sie die Welt retten wollen, essen Sie keinen Fisch mehr. Ich schließe mich an. Und bete. Dass wir die Kurve kriegen.